Synergieerfassung bei mittelständischen Unternehmen

Synergieerfassung bei mittelständischen Unternehmen

Der Mangel an Informationen über nicht börsennotierte Unternehmen erschwert die Bewertung von Synergien in einem M&A-Prozess. Wir möchten einen kurzen Überblick über mögliche Synergiequellen geben, wie diese richtig bewertet werden, welcher Ansatz für die Käuferseite in mittelständischen Unternehmen empfohlen wird und warum Environmental, Social, Governance -Faktoren (ESG) in Zukunft an Bedeutung gewinnen.

Was versteht man unter Synergien?

Synergien sind der zusätzliche Wert, der im Verbund zweier Unternehmen entsteht und Möglichkeiten schafft, die diesen unabhängig voneinander operierenden Unternehmen nicht zur Verfügung stehen würden. Er ist der am häufigsten verwendete und fälschlich gebrauchte Begriff bei Fusionen und Übernahmen.

Operative Synergien wirken sich auf das operative Geschäft der verbundenen Unternehmen aus und umfassen Skaleneffekte, steigende Preissetzungsmacht und ein höheres Wachstumspotenzial. Sie zeigen sich in der Regel als höhere erwartete Cashflows.

Schritte zur Bewertung von operativen Synergien

  • Im ersten Schritt werden die an der Fusion beteiligten Unternehmen unabhängig voneinander bewertet, indem die erwarteten Cashflows für jedes Unternehmen zu den gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten des Unternehmens diskontiert werden.
  • Im zweiten Schritt wird der Wert des Unternehmensverbunds ohne Synergien ermittelt, indem die im ersten Schritt für jedes Unternehmen einzeln erhaltenen Unternehmenswerte addiert werden.
  • Im dritten Schritt werden die Auswirkungen von Synergien in die erwarteten Wachstumsraten und Cashflows eingebaut und hierbei das kombinierte Unternehmen mit diesen Synergien neu bewertet. Die Differenz zwischen dem Wert des kombinierten Unternehmens mit Synergien und dem Wert des kombinierten Unternehmens ohne Synergien liefert den isolierten Wert für Synergien.

Finanzielle Synergien sind dagegen mehr fokussiert und umfassen Steuervorteile, eine höhere Verschuldungskapazität und die Verwendung von überschüssigen liquiden Mitteln. Sie zeigen sich in Form eines höheren Cashflows und/oder niedrigeren Kapitalkosten.

  • Steuervorteile können sich im Rahmen von Übernahmen und Eigenheiten im Steuerrecht ergeben. Der Wert der Synergien ist der Barwert der Steuereinsparungen, die sich aus dem Zusammenschluss ergeben. Ein zweiter potenzieller Vorteil besteht darin, dass die abschreibungsfähigen Vermögenswerte eines Zielunternehmens bei einer Akquisition abgeschrieben werden können. Dies wird in den kommenden Jahren zu höheren Steuereinsparungen durch Abschreibungen führen.
  • Vorteile bei der Verschuldungskapazität steigen, je weniger die Gewinne der beiden Unternehmen miteinander korrelieren. Wenn die Cashflows des erwerbenden und des Zielunternehmens kaum korrelieren, sind die Cashflows der Unternehmen im Verbund weniger variabel als die Cashflows der einzelnen Unternehmen. Diese Abnahme der Variabilität kann zu einer Erhöhung der Verschuldungskapazität und des Unternehmenswertes im Verbund führen. Eine Fusion kann daher das Gesamtrisiko des zusammengeführten Unternehmens verringern und die optimale Verschuldungskapazität erhöhen.
  • Kapitalüberschüsse können ein effektiver Ansatz für börsennotierte Unternehmen sein, die einfachen Zugang zu Kapital und/oder großen Kapitalreserven haben und kleinere nicht börsennotierte Unternehmen mit Kapitalbeschränkungen erwerben möchten. Der zusätzliche Wert der Zusammenlegung dieser beiden Unternehmen ist der Barwert der Projekte, die nicht umgesetzt worden wären, wenn sie getrennt geblieben wären, sondern aufgrund der nun bestehenden Verfügbarkeit von liquiden Mitteln realisiert werden können.

Es ist wichtig, den Wert von Synergien vom Wert der Kontrolle zu trennen, welcher der andere häufig genannte Grund für Zukäufe ist. Der Wert der Kontrolle ist der inkrementelle Wert, von dem ein Erwerber glaubt, dass er durch eine effizientere Unternehmensführung des Zielunternehmens geschaffen werden kann. Um den Wert der Kontrolle zu ermitteln, wird das Zielunternehmen einfach mit einem anderen und vermutlich besseren Management neu bewertet und dieser Wert mit dem Wert, der mit dem bestehenden Status quo - dem bestehenden Management - erzielt wurde, verglichen. Wenn sowohl Kontrolle als auch Synergien Kaufmotive sind, ist es am besten, diese Werte separat zu bewerten.

Ein Ansatz zur Identifizierung und Bewertung von Synergien innerhalb eines käuferseitigen Beratungsmandats

Wenn über das Einpreisen von Synergien gesprochen wird, sollte auch hervorgehoben werden, wie wichtig es ist, nicht nur Kontrolle und Synergien zu bewerten, sondern auch den richtigen Preis für ein Zielunternehmen zu zahlen. Der Kaufpreis bestimmt, ob eine Akquisition wertsteigernd oder wertzerstörend für die Käuferseite ist. Dies zeigt die Bedeutung eines strategischen Ansatzes als auch einer maßgeschneiderten Bewertung, wenn umsetzbar.

Leider haben mittelständische Unternehmen keinen Marktpreis wie börsennotierte Unternehmen. Aufgrund des Mangels an Informationen kann die Käuferseite somit zunächst nur den Wert eines Zielunternehmens sowie möglicher Synergien abschätzen.

Um diese Synergien für mittelständische Unternehmen wie oben erwähnt richtig bewerten zu können, müssen jeweils Bewertungen des erwerbenden Unternehmens und des Zielunternehmens verfügbar sein.

  • Für ein professionelles, käuferseitiges Beratungsmandat muss der Zugang zu den nicht offengelegten Finanzdaten des erwerbenden Unternehmens gewährt werden, damit die beauftragte M&A-Beratung das Unternehmen des Mandanten ohne Einschränkungen bewerten und verstehen kann.
  • Im Einklang mit der entwickelten Akquisitions-/Expansionsstrategie identifizieren der Käufer und/oder die M&A-Beratung potenzielle Zielunternehmen.
  • Um den Kaufinteressenten und das Zielunternehmen vor Gerüchten im Markt zu schützen, ist ein Intermediär – wie beispielsweise eine M&A-Beratung – in der Lage, die Vertraulichkeit zu schützen und die Vorteile einer ersten Diskussion mit dem Management oder den Gesellschaftern des potenziellen Zielunternehmens zu kommunizieren, ohne zu viel preiszugeben.
  • Nachfolgende Gespräche und der Austausch von Ideen müssen die Bereitschaft eines Zielunternehmens wecken, Zugang zu den damit verbundenen Finanzdaten zu gewähren.
  • Ein überzeugendes indikatives Angebot oder eine sogenannte „Absichtserklärung“ bietet dem Eigentümer des Zielunternehmens eine vertrauenswürdige Grundlage.
  • Für ein bestmögliches Verständnis der Synergien des kombinierten Unternehmens wird eine gründliche Due Diligence des Zielunternehmens in Bezug auf betriebliche und finanzielle Synergien empfohlen.

Es ist zu erwarten, dass die Wahrscheinlichkeit einer gründlichen Due Diligence eines Zielunternehmens im Mittelstand abnimmt, wenn beide Unternehmen auf demselben Markt um Geschäfte konkurrieren, auf dem sie dieselben oder im Wesentlichen ähnliche Produkte oder Dienstleistungen anbieten. Eine solche Situation erfordert daher ein gutes Verständnis für die jeweilige Branche und ein Bewusstsein für Konfliktfragen in jeder Phase des Prozesses.

Professionelle Kaufgebote können zwischen Kontrolle und Synergiewert unterscheiden. Die Käuferseite ist möglicherweise bereit, nahezu 100% des Kontrollwerts zu zahlen (mit der Begründung, dass das Zielunternehmen die Änderungen selbst hätte vornehmen können), aber nur einen Teil des Synergiewertes (da er ohne die Käuferseite nicht geschaffen werden könnte).

ESG und seine wachsende Bedeutung für mittelständische Unternehmen

Die Analyse in den Bereichen Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung (ESG) bietet Unternehmen eine zusätzliche Möglichkeit, Chancen und Risiken im Zusammenhang mit langfristigen Auswirkungen auf Liefer- und Wertschöpfungsketten zu identifizieren. Die Europäischen Aufsichtsbehörden haben am 23. April 2020 ein Diskussionspapier veröffentlicht, in dem die vorgeschlagenen technischen Regulierungsstandards (RTS) zu Inhalt, Methoden und Darstellung von Angaben zur sogenannten Sustainable Finance Disclosure Regulation dargelegt sind. Es gibt noch keinen einheitlichen Standard zur Ermittlung der relevanten Metriken zur Messung jedes einzelnen ESG-Faktors, jedoch kann dies als erster Ansatz angesehen werden.

Die Berücksichtigung nachteiliger Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit kann als Blickwinkel gewählt werden, um sowohl den Wert eines erwerbenden Unternehmens als auch Zielunternehmens durch Multiple Arbitrage, günstigere Akquisitionsfinanzierung und schließlich einer besseren ESG-Performance zu steigern. Wir erwarten, dass 2021 eine Reihe neuer und innovativer Transaktionen mit ESG-Anknüpfungspunkten im Markt stattfinden werden.

Zusammenfassend wird ESG zukünftig ein unverzichtbarer Bestandteil in M&A-Due-Diligence-Prüfungen sein, da von Unternehmen zunehmend erwartet wird, dass sie gleichzeitig eine gute finanzielle Leistung erbringen sowie einen transparenten, positiven Beitrag zur Gesellschaft leisten. Zukunftsorientierte Unternehmen sollten daher beginnen, ESG in die allgemeine M&A-Roadmap zu integrieren, um dem Trend voraus zu sein.

Promecon berät Mandanten entlang des gesamten Kauf- oder Verkaufsprozesses. Anhand langjähriger Erfahrung mit synergetischen Potenzialen im Umfeld mittelständischer Unternehmen wissen wir, welche Ansätze sowie Bewertungsmethoden zum Erfolg führen können. Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf, wenn Sie weitere Informationen zu unseren Beratungsleistungen wünschen.